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Johann
Fürst im Dreißigjährigen Krieg

Der einzige männliche Nachkomme des Fürsten Rudolf, der die Linie Anhalt-Zerbst begründete, war Johann. Er verlor den Vater noch im Jahr seiner Geburt und hatte später ein schweres Erbe anzutreten. Die verheerenden Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, der von 1618 bis 1648 wütete, führten in Europa zu katastrophalen Zuständen. Unzählige Schlachten, brutale Plünderungen, anhaltende Hungersnöte und todbringende Epidemien reduzierten die deutsche Bevölkerung bis zu 50 Prozent. Auch Anhalt-Zerbst war von den Wirren über viele Jahre stark betroffen.
Johanns Vater, Fürst Rudolf, wurde im Jahre 1576 geboren. In erster Ehe war er mit Dorothea Hedwig von Braunschweig-Lüneburg (1587-1609) vermählt. Sie schenkte nach einem tot geborenen Mädchen zwei Töchtern das Leben. Im Alter von 22 Jahren verstarb die zum vierten mal schwangere Dorothea Hedwig im Kindbett. Den zweiten Bund fürs Leben schloss der kluge und bescheidene Rudolf mit Magdalena von Oldenburg (1585-1657). Doch auch Jahre nach vollzogener Ehe blieb der gewünschte und lang ersehnte Erbe aus. Es hatte den Anschein, als würde die Linie Anhalt-Zerbst mit dem Tod seines Begründers schon wieder erlöschen.
Dann gebar Fürstin Magdalena eine Tochter. Erst vier Jahre später kam nach acht Jahren Ehe am 24. März 1621 der Erbprinz zur Welt. Die Freude über den Nachfolger war im Fürstenhaus und im ganzen Lang groß. Marcus Friedrich Wendelin, der von 1612 bis 1652 Rektor des Gymnasium illustre war, schrieb ein Lobgedicht auf die Geburt. Doch die Glückseligkeit hielt nicht lange vor. Noch im selben Jahr, am 20. August, verstarb Fürst Rudolf. Er wurde 44 Jahre alt. Magdalena vermisste ihren Gemahl sehr und verbrachte fast 36 Jahre im Witwenstand.

  Fürst Johann Fürst Johann von Anhalt-Zerbst
Im Testament hatte Fürst Rudolf seinen Bruder August von Anhalt-Köthen-Plötzkau (1575-1653) [1] als Vormund für seinen Sohn und seine Töchter festgelegt. Dort heißt es: "...denselben allen als ein treuer Vater vorzustehen, damit Sie in der Furcht Gottes und wahrer Religion und allen Fürstl. Tugenden mögen auferzogen werden." Auch Rudolfs Witwe sollte August mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Die Unruhen während des Dreißigjährigen Krieges hatten zur Folge, dass Fürstin Magdalena, die Mutter Johanns, die Residenz Zerbst verlassen und viele Jahre mit ihren Kindern in Wittenberg verbringen musste. Bereits 1622 durchzogen holsteinische Streitkräfte die Stadt, worunter die Zerbster Bevölkerung stark zu leiden hatte. Viel dramatischer wurde die Situation mit der Besetzung durch die Truppen der Heerführer Mansfeld und Wallenstein im Jahre 1626. Auch die Schweden, eigentlich die erhofften Retter, hausten 1631/32 fürchterlich in Zerbst.
Prinz Johann wuchs fernab seiner Residenz unter Aufsicht seiner Mutter auf und wurde in der lutherischen Religion erzogen. Die Regenten der anderen anhaltischen Fürstentümer hatten die reformierten Zeremonien in den Kirchen und Schulen schon durchgesetzt. Deshalb versuchte Magdalena, eine Bestätigung für ihr Handeln von Kaiser Ferdinand II. (1578-1637) zu bekommen, dem sich die Lutheraner angeschlossen hatten. Und tatsächlich erhielt der Vormund Fürst August am 3. März 1626 ein Mandat vom Kaiser, dass "Sie [die lutherische Religion] in Auferziehung desselben [Johann] gar nicht turbiret [stört]". Die Unterrichtung des jungen Prinzen in weltlichen und kirchlichen Dingen übernahmen der spätere fürstlich-sächsisch-altenburgische Geheime Rat und Kanzler Wolf Conrad von Thumshirn und der Theologe und Superintendent Christof Schlegel.
Fürstinwitwe Magdalena siedelte mit den Kindern Dorothea, Eleonora, Elisabeth und Johann 1633 in das sichere Oldenburg, die Heimat Magdalenas, um. Dort regierte einer ihrer Brüder, Graf Anton Günther (1583-1667). Der geschickte Diplomat hatte es verstanden, die Neutralität Oldenburgs während des Dreißigjährigen Krieges zu bewahren. Standesgemäße Unterkunft fanden sie im Residenzschloss, das 1607 durch Umbau einer alten Wasserburg entstanden war. Insgesamt verbrachten sie neun Jahre in Oldenburg. In dieser Zeit erfolgte die weitere Ausbildung des Erbprinzen. Er befleißigte sich, seine Kenntnisse zur lutherischen Religion und auf Gebieten auszubauen, die er für die spätere Regentschaft benötigte. Johann beschäftigte sich aber auch mit den sogenannten freien Künsten wie Zeichnen, Musik, Tanz, Literatur usw. Die kriegsbedingten schlechten Verhältnisse ließen es jedoch keine Studienreisen zu. Während seines Oldenburger Aufenthaltes bekannte er sich öffentlich zur lutherischen Religion.
Nachdem Johann die Majorennität (Mündigkeit) erreichte hatte, kehrte er im Jahre 1642 in seine Geburtsstadt Zerbst zurück. Am 7. November traf er gemeinsam mit seiner Mutter in einer Kutsche in seinem Land ein. Schon an der Elbe bei Roßlau wurde er von den Ministern und der Bevölkerung begrüßt. Sie alle sahen ihren Landesherrn zum ersten Mal leibhaftig. Der Kanzler Milagius hielt die Willkommensansprache. Der Hofrat Köppe bemerkte in seiner Rede, dass viele Bürger nicht zur Begrüßung gekommen waren, da sie durch die schweren Kriegsschäden keine gebührende Kleidung besaßen.
Nach dem ersten Gruß ging es mit der Kutsche weiter in Richtung Zerbst. An der Stadtgrenze wurde die Kolonne von den beiden Bürgermeistern Burchardt Pultz und George Cramer sowie dem Syndikus (Rechtsanwalt der Stadt) Johann Christoph Gesen empfangen. Der Oberbürgermeister Pultz überreichte dem Regenten symbolisch die Schlüssel der Stadt. Johann nahm daraufhin nicht den kürzesten Weg zur Burg sondern führte den Tross über das Heidetor durch die ganze Stadt. Er ritt nun auf einem Pferd, flankiert von den Viertelmeistern [2] in farbenprächtigen Livreen und mit Hellebarden. Trompeter machten auf den fürstlichen Zug aufmerksam. Dem Fürsten folgten der Adel und die Karosse der Mutter. Magdalena wurde von ihren beiden Kammerfräulein Anna Sophie von Bothmer und Marie Elisabeth von Böselager sowie einem Oldenburgischen Beigeordneten begleitet. Dahinter kamen die Pagen und andere Bedienstete sowie weitere Wagen. Die Straßen flankierten die Handwerker und Zunftgenossen der Stadt mit ihren Fahnen. Andere Einwohner begrüßten die lange Prozession auf dem Markt. Vom Turm der St. Nikolaikirche waren die Stadtmusikanten mit Pauken und Trompeten zu hören. Mit großer Freude wurde der Landesherr begrüßt, schienen doch nach großer Not bessere Zeiten anzubrechen. Im Hof der Vorburg wurde Johann schließlich von den Professoren des Gymnasiums illustre, der Landesuniversität, willkommen geheißen.
Am Abend fand ein Festessen auf der Burg statt, zu dem nicht nur der Adel sondern auch die Bürgermeister geladen waren. Musik unterhielt die Gäste bis in die tiefe Nacht.
Am folgenden Tag hielt Johann eine Audienz in der Tafelstube der Burg ab. Daran nahmen der Superintendent Beckman, der die Glückwunschrede hielt, der Rektor des Gymnasiums Wendelin, der Pastor zu St. Bartholomäi Hausstädt und der Rektor der Stadtschule Wulstorf teil. Die Bürgermeister brachten dem Fürsten auf dem Burghof Bier, Wein, Rinder, Hafer und Fische als Präsent dar. Alle Anwesenden wurden zu einem Mittagsmahl eingeladen. Einen weiteren Tag später ließ sich der Regent Bericht über die Zustände seines Landes erstatten und erließ entsprechende Anordnungen. Johann fand bei seiner Rückkehr nach Zerbst 1642 keine prächtige Residenz vor. Im Frühjahr 1621, kurz vor der Geburt des Prinzen, wurde innerhalb der Burganlage mit der Errichtung eines neuen Gebäudes mit Wendelstein begonnen. Die Vollendung 1623 erlebte der fürstliche Auftraggeber, sein Vater Rudolf, nicht mehr. In dem Haus befanden sich unter anderem ein großer Saal, ein Speisezimmer und die Gemächer der Fürstin. Die herrschaftlichen Zimmer waren mit Stuck versehen. Die noch existierenden alten Gebäude wurden ausgebessert, ohne jedoch grundlegende Rekonstruktionen oder Anbauten durchzuführen. Ein Anlass für die Arbeiten war die Heirat der Prinzessin Dorothea, der Schwester Johanns, im Jahre 1623 mit Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Die Bautätigkeit an den Burggebäuden hörte 1626 fast gänzlich auf. Nur noch kleinere notdürftigste Reparaturen erfolgten, um die Häuser vor dem Verfall zu bewahren. Während des Dreißigjährigen Krieges sanken die Landeseinnahmen dramatisch. Im Rechnungsjahr 1635/36 betrugen sie nur 3 159 Taler, während vor dem Krieg eine Summe von durchschnittlich 30 500 Talern jährlich erreicht wurde.
Noch im Frühling 1642 musste die Zerbster Bevölkerung ein Übermaß an Einquartierungen erleiden, Verwüstungen und Plünderungen kamen hinzu. Die Gewährung von Unterkünften für verschiedene Truppen zog sich noch Jahre hin. Die über Jahrzehnte unbewohnte Burg hatte in der Substanz stark gelitten. Kurz vor der Ankunft Johanns aus Oldenburg wurden die für eine Hofhaltung benötigten Räume hergerichtet. Das alte Haus des Fürsten Magnus (1455-1524) und andere Gebäudeteile mussten wegen Baufälligkeit abgetragen werden.
Während der Regentschaft Johanns erfolgten ständig Reparaturen, Neubauten sind nicht belegt. Der völlig eingegangene und verwüstete Lustgarten wurde ab dem Frühjahr 1641 neu angelegt. Von da an waren wieder mehrere Gärtner am fürstlichen Hof beschäftigt.
Fürst Rudolf hatte die Beibehaltung der reformierten Konfession in den Kirchen der Stadt testamentarisch festgelegt. Im Gegensatz dazu wurde sein Sohn Johann im lutherischen Glauben erzogen, den er auch als Regent nach seiner Rückkehr vertrat. Dagegen waren der Zerbster Rat und der größte Teil der Zerbster Bevölkerung Anhänger des reformierten Bekenntnisses. Schlussendlich flammten die Religionsstreitigkeiten wieder auf und brachten Unruhe in das Land.
Schon mit der Landesteilung 1603 wurde die reformierte Lehre als Landesbekenntnis festgelegt. Im Jahre 1605 hatten sich die anhaltischen Fürsten in Harzgerode nochmals verständigt, in ihren Landesteilen den reformierten Glaubens durchzusetzen.
Am 12. Januar 1643 sandte der Zerbster Rat ein Schreiben an den Fürsten, um die Zustimmung für die bestehenden Privilegien und Freiheiten der Stadt sowie für die Beibehaltung der freien Ausübung der Religion zu erlangen. Johann antwortete, dass er all das nach gebührender Huldigung seiner Person bestätigen würde. In der Religionsfrage hatte sich der Fürst zwar auf die Stadtkirche, nicht aber auf die Hofkirche bezogen. Auf eine erneute Anfrage antworteten die fürstlichen Räte, dass sie kein Recht hätten, Festlegungen für die Hofkirche zu treffen. Damit gab sich der Rat aber nicht zufrieden und lehnte die Huldigung ab. Ein fürstliches Schreiben an den Kaiser verfehlte seine Wirkung nicht. Schließlich befahl ein Dokument des Kaisers Ferdinand III. (1608-1657) vom 3. März 1643 den fürstlichen Untertanen, ob von Adel oder bürgerlich, dem Landesherrn Johann stets Folge zu leisten.
Die Erbhuldigung durch die Ritterschaft, den Magistrat und die Bürgerschaft von Zerbst fand endlich am 23. März 1643 statt, einen Tag später durch die Geistlichen, die Professoren des Gymnasiums illustre, die Mediziner und die Advokaten. Anschließend nahm Johann die Glückwünsche des Oldenburgischen Gesandten und der Hofräte entgegen.
Die ersten Tage nach der Rückkehr aus Oldenburg übte der Fürst seinen Glauben ausschließlich in seinen Gemächern in der Burg aus. Zu einer durchgreifenden Veränderung kam es am 6. Januar 1644, als Johann in der Hof- und Stiftskirche zu St. Bartholomäi die lutherische Religion einführen ließ. Auch in Coswig und auf dem Lande kam es zur Einsetzung lutherischer Pfarrer. Zur besseren Verbreitung und Einprägung des Glaubens ließ der Landesherr den Katechismus Luthers drucken und im Land verteilen.
Zu einer Einigung in Glaubensfragen sollte es erst 1679 unter seinem Sohn Carl Wilhelm (1652-1718) kommen. Im Ergebnis entstand die St. Trinitatiskirche für die Lutheraner, während die St. Nikolaikirche den Reformierten vorbehalten blieb.
Auf Veranlassung des Königs Christian IV. von Dänemark (1577-1648) kam es im Jahre 1646 zu einer Konferenz auf der Oldenburgischen Festung Övelgönne. Da der Bruder Magdalenas bereits im hohen Alter und noch immer kinderlos war, sollte die Erbfolge schriftlich festgelegt werden. Im Falle des Ablebens ohne männliche Erben wurde vereinbart, dass die Herrschaften Jever und Kniphausen an Magdalena bzw. ihren Sohn Johann gingen. Ein erneuter Vertrag von 1657 schloss Kniphausen jedoch wieder aus, der Titel Herr zu Kniphausen durfte aber weiter geführt werden.
Im Testament des Grafen Anton Günther von Oldenburg von 1663 wurde Fürst Johann nochmals als Erbe von Jever festgehalten. Der Graf verstarb am 19. Juni 1667. Nur 15 Tage später folgte Fürst Johann seinem Onkel in die Ewigkeit. Trotzdem gelangte Jever in den Besitz des Fürstentums Anhalt-Zerbst und blieb es bis zum Erlöschen der Linie 1793.
Fürst Johann, der diplomatisches Geschick besaß, wurde in Friedensverhandlungen anderer Länder einbezogen. Im Jahre 1648 nahm er an der Versöhnung zwischen Spanien und den Niederlanden in Münster und 1654 zwischen England und den Niederlanden teil.
Mit 28 Jahren ging Fürst Johann die Ehe mit Prinzessin Sophie Auguste von Holstein-Gottorp ein. Sie war die älteste Tochter des Herzogs Friedrich III. von Holstein-Gottorp (1597-1659), der von 1616 bis 1659 regierte. Ihre Mutter war Marie Elisabeth von Sachsen (1610-1684), Tochter des Kurfürsten Johann Georg I. (1585-1656). Die Hochzeit von Johann und Sophie Auguste fand am 16. September 1649 auf Schloss Gottorf statt. Gleichzeitig mit der Vermählung wurde der Friedensschluss von Münster gefeiert, an dem Johann ein Jahr zuvor teilgenommen hatte. Zur Eheschließung waren viele fürstliche Gäste anwesend, darunter auch der dänische König Friedrich III. (1609-1670) mit seiner Gemahlin Sophie Amalie sowie die späteren Herzöge Christian I. (1615-1691) und Moritz (1619-1681), die Söhne des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und Begründer der Herzogtümer Sachsen-Merseburg bzw. Sachsen-Zeitz.
Für die Festlichkeiten wurden trotz schwerer Zeiten keine Kosten gescheut. Es fanden Feuerwerke, Ringrennen, Turniere, Ballette, Komödien usw. statt. Direkt am Tag der Vermählung wurde ein Ballettstück in drei Akten uraufgeführt, das der Gottorfer Hofbibliothekar Adam Olearius (1599-1671) speziell für den Anlass geschrieben hatte. Das Ballett, das den Höhepunkt der Feierlichkeiten darstellte, bereicherten zahlreiche Feuerwerkseffekte. Dargestellt wurden in dem Stück Krieg und Frieden, Laster und Tugend, Glück und Unglück. Bildern des Krieges auf der einen Seite sind solche des Lebens im Frieden auf der anderen gegenübergestellt. Auch das fürstliche Paar ist im Vordergrund zu sehen. Im Reithaus, das östlich des Schlosses auf einer Insel lag, wurde fast täglich Theater gespielt. Engagiert waren dazu die sogenannten Brüsselschen Komödianten. Das war die erste niederländische Truppe, die aktenkundig in Deutschland auftrat. Insgesamt wurde zehn Tage lang ausgelassen gefeiert.

Die überschwängliche Feier in Gottorf ließ die Probleme im eigenen Lande nur für einige Zeit vergessen. Die offizielle Aussöhnung des Fürsten mit dem Zerbster Rat erfolgte erst 1653. Gleichzeitig kam es jedoch zu einer Beschneidung der städtischen Freiheiten und zum Erlass einer Gesindeordnung. Die fürstliche Kammer bestimmte von nun an die Zusammensetzung der Stadtgerichte. 1667 verringerte der Fürst das Ratsmittel [3] von drei auf zwei und verfügte, dass die eine Hälfte Lutheraner und die andere Reformierte zu sein haben. Die Macht des Zerbster Rates wurde gegenüber dem Mittelalter stark geschwächt.
Im Jahre 1657 verstarb die Mutter Johanns, Magdalena, im Schloss Coswig, das ihr als Witwensitz diente, im hohen Alter von 71 Jahren in den Armen ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter. Ihre sterblichen Überreste wurden nach Zerbst überführt und in der Gruft der St. Bartholomäikirche beigesetzt. Ein Teil der fürstlichen Familie infizierte sich im Juni 1667 an den Pocken. Fürstin Sophie Auguste und ihre Tochter Sophia Augusta erholten sich aber rasch wieder. Fürst Johann hatte sich ebenfalls angesteckt und erkrankte am 1. Juli. Er war von robuster Natur und während seiner Regierung niemals krank. Zeitweise fühlte er sich wieder so wohl, dass er seinen Staatsgeschäften nachging. Der Regent war guten Mutes, bald wieder zu genesen. Doch die verabreichten Arzneien halfen ihm nicht. Am 4. Juli 1667 legte er sich nieder, um sich auszuruhen, fiel in eine Ohnmacht und verstarb zwischen 10 und 11 Uhr in seinem Gemach auf der Zerbster Burg.

Die standesgemäße Beisetzung des Fürsten erfolgte am Abend des 6. Juli. An der Zeremonie nahmen zahlreiche Gäste teil: der Landadel, der Magistrat der Stadt, der Rektor und die Professoren des Gymnasiums illustre, die Minister und die Hofbediensteten. Der Trauerzug bewegte sich vom Burghof aus in die St. Bartholomäikirche, begleitet von den vier Prinzen und der Zerbster Bürgerschaft. Während ein Chor sang wurde der Sarg in das Erbbegräbnis [4] gebracht. Anschließend hielt der Hofpastor Dr. Johann Dürr die Trauerpredigt.

Den Sarg des Fürsten hatte der Zinngießer Jacob Lehmann sen., dem noch Generationen von Zinngießern folgen sollten, angefertigt. Zwei große Wappen dafür stammten vom Formschneider Marschke. Die Vergoldung des Sarges hatten die Maler Martin Peicks und Ernst Otto Schram vorgenommen.
Die Witwe ließ 1670/71 das Bildnis ihres Gemahls in Leipzig in Kupfer stechen und 2100 gedruckte Exemplare verlegen. Im Chor der St. Bartholomäikirche erinnert noch heute ein schönes Epitaph [5] aus verschiedenfarbigem Marmor an den Fürsten Johann. In der Mitte ist eine Büste des Regenten zu sehen. Es hat die Jahrhunderte und vor allem die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges gut überstanden. Der aus Schneeberg stammende Bildhauer Johann Heinrich Böhme hatte das Kunstwerk ab 1669 geschaffen, das drei Jahre später im Chor der Kirche angebracht wurde. Sophie Auguste überlebte ihren Gemahl um 13 Jahre. Sie hatte mit ihm 14 Kinder, von denen jedoch nur fünf das Erwachsenenalter erreichten. Für ihren Sohn Carl Wilhelm führte sie bis 1674 vormundschaftlich die Regierung [siehe Beitrag über Carl Wilhelm im Heimatkalender 2001]. Die Fürstin-Witwe hatte 1678 Schloss Coswig bezogen, das für sie als Alterssitz neu errichtet wurde. Im Jahre 1679 erlitt sie einige Schlaganfälle und Dreitagewechselfieber (Tertianafieber). Sie musste über viele Monate Leiden ertragen. Am Nachmittag des 12. Dezember 1680 zwischen 15 und 16 Uhr wurde sie schließlich erlöst.
Sophie Auguste, 50 Jahre alt, verschied unter dem Gesang und dem Gebet ihrer Bediensteten im Schloss Coswig. Am 8. Februar 1681 wurden die sterblichen Überreste nach Zerbst überführt und noch am gleichen Abend in die fürstliche Gruft in der St. Bartholomäikirche gesenkt. [6] Die Leichenpredigt wurde am folgenden Tage in der Hofkirche abgehalten.
Fürst Johann regierte sein Land fast 25 Jahre unter recht schwierigen Bedingungen. Er war ein tief gläubiger und bescheidener Mensch. Sein Wahlspruch lautete "Dieu ma Confiance" (Gott ist meine Zuversicht). Entscheidungen traf er vielfach nur sehr zögerlich. Seinen Willen vertrat er jedoch hartnäckig und versuchte ihn gegen jeden und alle widrigen Umstände durchzusetzen. Den Armen gegenüber war er sehr gütig. Der Fürst konnte seine Macht trotz seiner langen Abwesenheit in der Jugend festigen. Ihm gelang es jedoch nicht, Handel und Wirtschaft schnell wieder florieren zu lassen. Sein Sohn Carl Wilhelm setzte das Werk des Regenten fort.

Dirk Herrmann

In: Zerbster Heimatkalender 2002, Seite 40—49


[1] August hatte bei der Landesteilung 1603 auf eine eigene Herrschaft zugunsten seiner vier Brüder verzichtet. Doch kurze Zeit später bereute er diesen Schritt und erhielt von Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg (1568-1630) Herrschaft, Schloß und Amt Plötzkau.
[2] Die Viertelmeister waren die Vorsteher des Heideviertels, des Frauenviertels, des Akenschen Viertels, des Ankuhnschen Viertels und des Breite-Straßen-Viertels.
[3] Ein Ratsmittel bestand aus zwei Bürgermeistern, drei bzw. zwei Kämmerern und fünf bzw. sechs Ratsherren. Es existierten erst drei, dann durch die Einschränkung Fürst Johanns zwei solcher Mittel, die je nur ein Jahr amtierten und dann wechselten. Nach drei bzw. zwei Jahren erfolgten Neuwahlen. Die Beschränkung auf ein Mittel erfolgte schließlich 1769.
[4] Im Herbst 1899 wurden sämtliche Särge aus dem Erbbegräbnis der Hof- und Stiftskirche zu St. Bartholomäi auf Befehl des Herzogs in die Schloßgruft überführt. Infolge von Zerstörungen und Plünderungen 1945/46 ging der Sarg des Fürsten Johann verloren.
[5] Epitaph - griechisch - Grabmal mit Inschrift
[6] Der Sarg der Fürstin, der auch seit 1899 in der Schlossgruft stand, wurde im Zweiten Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Reste befinden sich heute wieder in der Gruft der St. Bartholomäikirche.

Quellen:
Beckmann, Johann Christoff: Historie des Fürstenthums Anhalt, Zerbst 1710/16.
Herrmann, Dirk: Schloß Zerbst in Anhalt, Halle 1998.
Lentz, Samuel: Becmannus enucleatus ..., Cöthen und Dessau 1757.
Pies, Eike: Das Theater in Schleswig 1618-1839, Kiel 1970.
Wäschke, Hermann: Anhaltische Geschichte, Cöthen 1913.
Wiemann/Knorr: Die Inschriften auf den Särgen in der Gruft des Herzoglichen Schlosses zu Zerbst. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde, Band IX, Dessau 1904.


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