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Geschichte des Lustschlosses Friederikenberg

Am Weg zwischen Tochheim und Steckby erhebt sich noch heute das imposante Eingangsportal zum einstigen Lustschloss Friederikenberg. Nachdem die Schlossanlage bereits vor über 150 Jahren für immer verschwand, ist das Interesse der Bevölkerung bis in unsere Tage geblieben.

In der Residenzstadt Zerbst wurde 1681 im Auftrage des Fürsten Carl Wilhelm von Anhalt-Zerbst (1652-1718) mit dem Bau eines neuen Schlosses im Stil des Barock begonnen. Entworfen und ausgeführt wurde das Corps de logis durch den kurfürstlich-brandenburgischen Baumeister und Ingenieur Cornelis Ryckwaert, den Innenausbau übernahm Giovanni Simonetti, ein Schweizer. Am 23. Juni 1696 erfolgte der feierliche Einzug in diesen vollendeten Mitteltrakt.
Der Sohn des Fürsten Carl Wilhelm und Erbprinz des kleinen Fürstentums war Johann August (1677-1742). Während eines längeren Studienaufenthaltes im Ausland wurde ihm 1701 der Elefantenorden vom dänischen König verliehen. Diese Ehre wurde nur wenigen fürstlichen Personen zuteil. Nach seiner Rückkehr an den fürstlichen Hof zu Zerbst heiratete er am 25. Mai 1702 die Prinzessin Friederike von Sachsen-Gotha (1675-1709). Mit der Vermählung wurde eine eigene Hofhaltung notwendig. Da das im Zerbster Schloss räumlich nicht möglich war, entstand der Plan, ein eigenes Haus zu errichten.

In der Nähe von Badetz erhebt sich inmitten eines Waldgeländes der "Hüttenberg". Hier wurde am 3. September 1704 der Grundstein zu einem "Lusthaus" durch die Prinzessin selbst gelegt. Ihr zu Ehren erhielt der Ort den Namen "Friederikenberg". Die Schlossanlage wurde aus der Privatschatulle des Prinzen finanziert, so dass keine Einzelheiten über den Fortgang des Baues überliefert sind. Der Entwurf für die erste Bauphase stammt wahrscheinlich von Giovanni Simonetti, der von 1693 bis 1708 als Hofbaumeister in Zerbster Diensten stand.
Das Schloss in ländlicher Idylle war nur für das Prinzenpaar bestimmt, fernab von offiziellen Pflichten und Repräsentationen. Hier fanden kleine Feste im engsten Kreise statt. Der Wald, der das Gelände umgab, bot beste Voraussetzungen für die Jagd.

Ein Stich von Schuchardt um 1709 lässt die ursprüngliche Schlossanlage erkennen. Die Ansicht von Süden entspricht einer idealisierten Darstellung. Zu dieser Zeit waren Teile der Gebäude noch im Bau und der Garten erst im Entstehen. Über eine Terrasse auf halber Höhe des Schlossberges führte eine breite Treppe in den Garten, an die sich symmetrisch rechts und links zwei Orangerien anschlossen. Die Orangerien waren in zwei Bereiche unterteilt. In den beiden größeren Räumen, durch zwei Öfen beheizt, standen die exotischen Pflanzen und Bäume, die im Sommer auf den Terrassen des Schlosses und im Garten Aufstellung fanden. Die beiden kleineren dienten als Gewächshäuser zur Anzucht. Die hier erforderlichen höheren Temperaturen wurden durch eine im Fußboden verlegte Kanalheizung erreicht. Der Lustgarten, den eine hohe Mauer begrenzte, bestand aus kunstvoll angelegten Beeten, sogenannten Broderieparterren, mit Statuen und durch Schnitt geformte Bäume. In der Mitte der Anlage befand sich ein Wasserbecken mit Fontäne. Den hinteren Gartenteil nahm ein hohes Heckenboskett mit rundem Heckensalon in der Mitte ein.
Auf der Anhöhe, die durch Mauern befestigt war, erhob sich ein kleines Schloss auf rechteckigem Grundriss mit fünf zu drei Achsen und zwei Etagen. Ein steiles Mansardendach mit Dachfenstern deckte das Haus. Vier Pavillons, von denen zwei als Treppenaufgang dienten, flankierten die Ecken des Plateaus von etwa 39 Meter x 29 Meter. Symmetrisch um das Schloss waren Beete angelegt.

Die Arbeiten am Friederikenberg kamen im Jahre 1709 zum Stehen, als Prinzessin Friederike plötzlich verstarb. Dadurch hatte die Anlage zunächst ihren Zweck verloren. Der Erbprinz Johann August kümmerte sich nicht mehr um den halb vollendeten Friederikenberg. Sein Vater, Fürst Carl Wilhelm, ließ die Gebäude und den Garten zu einem gewissen Abschluss bringen. In diesem Zusammenhang lassen sich auch erstmalig konkrete Bauausgaben, die vom Etat des fürstlichen Hauses beglichen wurden, in den Kammerrechnungen nachweisen.

Im Oktober 1715 vermählte sich Johann August in zweiter Ehe mit Prinzessin Hedwig Friederike von Württemberg-Weiltingen (1691-1752). Die Baumaßnahmen am Friederikenberg beschränkten sich in dieser Zeit auf das Nötigste und auf Reparaturen. In Zerbst dagegen war das Schloss um den Westflügel erweitert worden, der im Rohbau vollendet war. Der innere Ausbau, insbesondere die Gestaltung der Kapelle, war noch in vollem Gange. Diese Arbeiten erforderten umfangreiche finanzielle Mittel.
Nach dem Ableben seines Vaters 1718 übernahm Johann August die Regierung des Fürstentums und bezog die Zerbster Residenz. Hier ließ der Fürst den Turm des Schlosses nach einem Entwurf des seit 1722 als Hofbaumeister angestellten Johann Christoph Schütze errichten.

1725/26 wurde die Bautätigkeit am Friederikenberg auf Veranlassung des Fürsten wieder aufgenommen. Die Pläne für den Ausbau und die Erweiterung der Anlage lieferte der Hofbaumeister Schütze.
Begonnen wurde mit dem Umbau des "Lusthauses", dem Hauptgebäude des Friederikenberges, zu einem Belvedereschlösschen. Die Ecken des Hauses erhielten pavillonartige Anbauten, die mit den vier Pavillons des Schlossberges korrespondierten. Ein Eckpavillon nahm das Treppenhaus auf, während sich in den anderen drei je ein Zimmer befand. Die hohen Plattformen der Seitentrakte gewährten einen herrlichen Ausblick auf die Elbe und die weitere Umgebung bis nach Zerbst. Das Dach krönte eine Laterne mit Uhr und Glocke.
Die Räume des Lusthauses wurden ausgebessert, teilweise verändert und erhielten eine kostbare Innenausstattung. Zahlreiche vielfältige Produkte aus der 1721 in Zerbst gegründeten Fayencemanufaktur schmückten die Zimmer, so zum Beispiel Öfen, Kamineinfassungen, Fliesen, Vasen und figürliche Darstellungen. Sie zählten in dieser Zeit zu den besten Schöpfungen der Fayencekunst in Deutschland. Tiere aus Fayence wurden zur Ausschmückung des Gartens verwendet. Vasen, Plastiken und Kugeln aus Sandstein dienten ebenfalls der Zierde des Friederikenberges.

In den nächsten Jahren erfolgte ein kompletter Umbau der Orangerien und Gewächshäuser auf der Südseite. Die vorhandenen Gebäude wurden auf beiden Seiten durch geschwungene Orangerieräume erweitert, die mit Pavillons zum Garten hin abschlossen. In dem südöstlichen Pavillon wurde die Schlosskapelle eingerichtet, während der gegenüberliegende einen kleinen Festsaal aufnahm. Beide Räumlichkeiten zierten gediegene Stuckaturen. Angebaute Treppen ermöglichten den direkten Zutritt vom Obergeschoss in den Garten.
Die ausladenden Orangerien umschlossen das Plateau auf mittlerer Höhe des Schlossberges und bildeten so einen geschützten Gartenraum, in dem im Sommer die stattlichen Orangeriebäume Aufstellungen fanden. Die im Hang zum Garten angelegten Terrassen dienten dem gleichen Zweck. So gelangte die Gesellschaft durch einen duftenden Wald aus Orangen in den Garten.

Weitere durchgreifende Veränderungen begannen 1730. Auf der Nordseite des Schlossplateaus wurden in Anlehnung an die Gebäude auf der Gartenseite zwei Orangerieflügel in geschwungener Form errichtet. Die Pläne dazu lieferte wieder der Baumeister Schütze. In der unteren Etage beider Häuser wurde ein Teil der Orangeriebäume überwintert, die zu einer beachtlichen Anzahl angewachsenen waren. Im zweiten Stock befanden sich Räume, die der Aufbewahrung von Sämereien und Blumenzwiebeln dienten sowie als Unterkünfte für den Gärtner und weitere Bedienstete. Den Abschluss bildeten, wie auf der Südseite, zwei Pavillons mit größeren Zimmern.
Die Gebäude begrenzten einen Hof, den Cour d´ honneur, der durch eine konkav und konvex schwingende Begrenzungsmauer abgeschlossen wurde. Die Einfahrt in diesen Hof, in dessen Mitte sich ein Wasserbecken befand, erfolgte durch ein heute noch vorhandenes Portal. Von Schütze gefertigte, gut erhaltene Sandsteinfiguren krönen die Torpfeiler: ein Bär mit anhaltischem Wappen, ein Löwe mit württembergischem Wappen (von der zweiten Gemahlin des Fürsten) und zwei Adler, auf Steinkugeln sitzend. Mit der Fertigstellung des Portals diente diese Seite als Hauptzugang zum Friederikenberg.
Auch der Lustgarten wurde verändert und stark erweitert, so dass er nun eine Fläche von etwa 11.000 Quadratmetern einnahm. Die Zahl der kleinen Beete in heiter beschwingten Formen verdoppelte sich, im hinteren Bereich wurde ein Irrgarten angelegt. Zwischen beiden Gartenbereichen befand sich in der Mittelachse eine Grotte, die das architektonische Gegenstück zum Schlosskomplex bildete. Eine Allee aus geschnittenen Hecken und Linden umgab den Garten, der von einer Mauer begrenzt wurde.

Die letzte große Veränderung erfolgte 1741. In dem 1734 östlich des Schlosses angelegten Baumgarten wurde eine neue Orangerie errichtet, die einen Teil der sehr reichen Sammlung unterschiedlichster fremdländischer Pflanzen aufnahm. Inzwischen war eine stattliche Orangeriefläche von über 850 Quadratmetern entstanden. Auf der westlichen Seite war ein weiterer Garten geplant. Hier hätte jedoch der "Hüttenberg" unter großem Aufwand abgetragen werden müssen, so dass auf die neue Fläche verzichtet wurde. Damit war die Schloss- und Gartenanlage vollendet.

Mit dem Ableben Johann Augusts im Jahre 1742 geriet der Friederikenberg langsam in Vergessenheit. Es wurden nur noch Reparaturarbeiten ausgeführt. Bereits 1751 erfolgte mit Genehmigung des Fürsten die Einrichtung eines Schankbetriebes, der von der Zerbster Bevölkerung besonders zur Pfingstzeit rege in Anspruch genommen wurde. Der reiche Bestand an exotischen Pflanzen wurde zum größten Teil 1771 verkauft. Mit dem Aussterben des Fürstenhauses Anhalt-Zerbst 1793 fiel der Friederikenberg an den Dessauer Fürsten, der kein Interesse an der Anlage zeigte.

Das Schloss sollte 1832 abgebrochen werden. Doch die Zerbster Bürgerschaft bat darum, es als Ausflugsziel zu erhalten. Die Stadt erhielt daraufhin am 17. Juni 1832 den Friederikenberg als Geschenk. Da die Gebäude durch mangelnde Pflege recht baufällig und die Kosten für die Reparaturen sehr hoch waren, wurde die Schenkung 1833 rückgängig gemacht. Damit war der endgültige Untergang des Friederikenberges besiegelt. Stück für Stück wurden die Gebäude abgetragen, der Lustgarten verwilderte völlig.

In unmittelbarer Nähe des Friederikenberges lag das herzogliche Gut Badetz. Bereits 1567 wurde der zum Gut gehörende Teich, der einst der größte Fischteich in Anhalt war, vom Fürsten Bernhard (1540-1570) angelegt. Mit der Erbauung des Friederikenberges diente die Domäne zu dessen Versorgung. Auch Gäste wurden hier untergebracht. Um 1736 errichtete der Baumeister Schütze das Hauptgebäude des Gutes, das heute noch erhalten ist. Auch das große Haus der ehemaligen Gastwirtschaft in Tochheim gehörte zum direkten Umfeld des Friederikenberges, in dem wohl die Jagdgesellschaften untergebracht waren. Noch im 19. Jahrhundert wurde das Haus als "Jagdschloss" bezeichnet.

Das ehemalige Haupttor, der deutlich im Gelände sich abhebende Schlossberg mit den Auffahrten sowie der durch eine Fliederhecke eingefasste ehemalige Garten mit Spuren der ursprünglichen Bepflanzung erinnern noch heute an die einstige Pracht des Friederikenberges im Fürstentum Anhalt-Zerbst.

Dirk Herrmann